Ein faszinierendes Panorama. Das Alsenztal und die Kaiserstraßen-Senke Richtung Nordpfälzer Bergland liegen einem quasi zu Füßen. Doch die Menschen, die gerade ankommen, haben heute dafür keinen Blick. Ein Sonntag Anfang September auf dem 340 Meter hohen Hohlstein. Es ist kurz nach neun Uhr in der Frühe. Das Team der Ortsgruppe Münchweiler des Pfälzerwald-Vereins (PWV) weiß zu gut, dass schon bald die ersten Gäste auf den Hausberg des Dorfes an der Alsenz pilgern. Nicht nur wegen des Ausblicks, sondern wegen des typischen Pfälzer Hüttenerlebnisses, das dort die Hohlsteinhütte garantiert. Dafür sorgen diesmal Rolf Schäfer, Vorsitzender der Ortsgruppe, und fünf Helferinnen und Helfer.
Die Türen werden aufgeschlossen. Holzläden öffnen sich. Frische Luft zieht durch den rustikal-gemütlichen Innenraum. Hier wird jedoch – später an diesem Sonntag – nur an der Theke großer Andrang herrschen. Dort wickeln nämlich hungrige und durstige Besucher ihre Bestellungen ab. Ihren Kaffee, sprudelnde Wein- und Saftschorle oder Weizenbier nehmen sie gleich mit. Denn im sonnigen Spätsommer sitzt man natürlich draußen auf den Bänken an den Tischen. Da großer Andrang zu erwarten ist, schlägt das Hüttenteam gleich zusätzlich Festzeltgarnituren auf. Eine Bank, ein Tisch nach dem anderen wird aus dem hinteren Abstellraum der Hütte nach draußen getragen.
In der Küche laufen parallel die Vorbereitungen an. Traditionell werden Leberknödel, Bratwurst, Saumagen mit Sauerkraut, Hausmacher Wurst oder – nicht nur für Vegetarier – Schupfnudeln sowie Weißer Käs mit Lauchzwiebeln und Radieschen serviert. Ganz besonders beliebt sind die zahlreichen hausgemachte Kuchen, die nicht nur zum Kaffee schmecken. Routiniert arbeiten alle Helferinnen und Helfer Hand in Hand. Und für die, die neu hinzukommen, hängen am Kühlschrank „Spickzettel“, die genau beschreiben, was wie auf die Teller kommt, damit am Ende alles passt.
„Wir suchen immer neue Hüttenhelfer“, betont Schäfer, der seit rund vier Jahren als Vorsitzender die Ortsgruppe führt. Von 310 Mitgliedern – sie kommen aus dem Ort, der Region und auch von weiter her – stehen etwa 70 Aktive für Hüttendienste zur Verfügung. Die auf den ersten Blick große Zahl relativiert sich schnell, wenn man beachtet, dass die Hütte von April bis Ende Juli sowie im September und Oktober an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet ist. Schäfer erklärt: „Mindestens vier Personen braucht man, damit ein Hüttentag funktionieren kann. Wenn wir wissen, dass viel los sein wird, sind fünf bis sechs besser.“ Wichtig ist ihm noch der Hinweis, dass man ja nicht nur Hüttenverein sei. Schließlich stehe der PWV fürs Wandern und auch die Pflege des Waldes.
Der Erhalt von Hüttenerlebnissen ist allerdings ein wichtiger Teil der Arbeit aller Pfälzerwäldler. Steht doch die Hüttenkultur des PWV seit März 2021 mit auf der Liste des immateriellen UNESCO-Kulturerbes in Deutschland. Denn die Tradition bewirtschafteter Hütten geht zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Heute sind es insgesamt knapp 100, die der PWV in seinem Einzugsgebiet, der ehemaligen bayerischen Pfalz, betreibt oder an Pächter vergibt. Hinzu kommen rund 20 Häuser, die die Naturfreunde bewirtschaften, sowie Hütten und Burgschänken. Diese werden von Vereinen oder Gastwirten betrieben. Alle zusammen bilden das dichteste Netz an bewirtschafteten Hütten in einem deutschen Mittelgebirge.
Beliebte Anlaufstellen im Donnersberger Land sind zum Beispiel auch die Kupferberghütte bei Imsbach oder die Kriegsberghütte bei Göllheim. Die erste liegt auf 428 Metern Höhe und bietet einen herrlichen Blick Richtung Winnweiler. Auch die Kupferberghütte wird von Ostermontag bis Ende Oktober sonn- und feiertags ehrenamtlich betrieben. Helfer der PWV-Ortsgruppe Imsbach servieren unter anderem Käse- und Knackwürste, Hausmacherbrote oder Kuchen. Ursprünglich entstand die Hütte 1909 als Pavillon. Nach einem Brand wurde sie 1932 in Ziegelbauweise wieder aufgebaut und seither immer wieder renoviert und erweitert. Ein beliebter Treffpunkt ist auch die Kriegsberghütte, die barrierefrei zugänglich ist. Teams der PWV-Ortsgruppe Göllheim tischen typische Pfälzer Gerichte oder eine vegetarische Suppe auf. Sonntags gibt es zusätzlich zur Karte ein Tagesessen sowie vegetarische Gerichte. Geöffnet ist die Hütte von Januar bis November sonntags von 9 bis 17 Uhr. Von Mai bis Oktober kann man sich auch mittwochs von 13 bis 17 Uhr stärken. Sehr beliebt ist nicht zuletzt ein generationenübergreifender Spielplatz.
Zurück zur Hohlsteinhütte: Mittlerweile weht auch die PWV-Fahne im lauen Wind. Kenner wissen, dass es jetzt soweit ist. Denn das Motto der Pfälzerwäldler in Münchweiler lautet: „Wenn die Fahne hängt, wird ausgeschenkt!“ Es dauert nicht lange und kurz nach 10 Uhr treffen die ersten Gäste ein. Kaffee und auch schon bald die erste Weinschorle werden eingeschenkt. Getränke nimmt jeder selbst mit an seinen Tisch. Wer Essen wünscht, nennt die Tischnummer, die jeweils auf einem Holzschild am Tisch steht. Die frisch zubereiteten Speisen werden dann nach und nach vom Team serviert. Für den Andrang, der ab Mittag herrscht, hat Vorsitzender Schäfer eine einfache Erklärung: „Es ist einfach schön, hier einen Tag zu verbringen. Für gutes Essen und Trinken muss man bei uns kein Darlehen aufnehmen.“ Und den faszinierenden Ausblick gibt es gratis noch dazu.
Text: Michael Dostal